Sechs legendäre Seereisen
Seit mehr als 45.000 Jahren schon verwenden Menschen Boote für Transport, Handel, Wissenschaft und Krieg. Dabei kam es zu unglaublichen Reisen, von denen wohl nur der geringste Teil überliefert ist. Rupert Holmes erinnert and sechs der legendärsten
Segelschiffe und um die geht es hier, gibt es seit etwa 7000 Jahren. Sie waren es, die die Eroberung der Welt durch den Menschen erst ermöglichten, in gutem, wie im schlechtem Sinne. Globalisierung und Kolonialisierung zum Beispiel wäre ohne Segelschiffe wohl unmöglich gewesen und auch die Besiedelung des letzten Winkels und des kleinsten Eilandes unseres Planeten. Viele der dazu unternommenen Reisen endeten im Unglück: Schiffe sanken mit Mann und Maus oder zerschellten an den Klippen schroffer Küsten. Mit ihnen verschwanden die Logbücher und Augenzeugen und damit auch die Geschichten, wie es dazu gekommen war. Doch nicht alle scheiterten, nicht alle starben und konnten so bei ihrer Rückkehr von den Abenteuern erzählen, die ihnen unterwegs widerfahren waren. Hier ist eine Auswahl von sechs nReisen, die die Welt veränderten und die jeder Bootsfreund kennen sollte.

Die mutmaßliche Route Leif Eriksons. Karte: www.haikudeck.com
Leif Erikson
Während Christoph Kolumbus weithin als erste Europäer gilt, der Amerika entdeckte, , als er auf Insel San Salvador im Jahre 1492 landete, gibt es schlagende Beweisefür diesen Seefahrer der von der Insel stammte, die man heute Island nennt , der die Küste Kanadas etwa 500 Jahren früher erreicht haben dürfte und gründete Siedlungen in einer Region namens Vinland, die Teile von Neufundland und den Golf von St. Lawrence umfasste.
Doch est ist ziemlich unwahrscheinlich dass selbst Erikson der erste Europäer gewesen war, der die Amerikas gesehen hat. Es gibt Berichte, wonach andere nordische Seefahrer schon ein paar Jahre zuvor auf dem Kontinent gelandet waren. Und da war noch St. Brendan, von dem man sagt, er sei der wahre Entdecker der Amerikas, nachdem er schon im Jahre 512 einer ähnlichen nördlichen Route gefolgt war. Während es keine verlässlichen Beweise gibt, welches Land er als St. Brendans Insel bezeichnete, konnte der Abenteurer Tim Severin in den 1970er Jahren beweisen, dass man mit einem ledernen Boot, wie es St. Brendan verwendet haben dürfte, Grönland und Nordamerika tatsächlich von Irland aus erreicht haben könnte.

Die Nachbildung der Mathew, das erste englische Schiff, das die Ostküste Nordamerikas anlief. Foto: Mike Edwards / www.geograph.org.uk
Die Reise der Matthew
Columbus setzte niemals Fuß auf das nordamerikanische Festland, sodass das erste europäische Schiff, das den Kontinent besuchte, John Cabot's „Matthew“ war, die von Bristol 1497 mit einer Besatzung von nur 20 Männern losgesegelt war. Am 24. Juni landete er in Nordamerika, höchstwahrscheinlich auf der Insel Neufundland. Er erforschte die Küste einen Monat lang, bevor er im August nach England zurückkehrte. Damit gilt er als erster Europäer, der im zukünftigen Amerika gelandet war und dabei auch die lukrativen riesigen Kabeljau-Schwärme vor der nordöstlichen Küste des Kontinents entdeckte. Eine Replik des 24m langen Schiffes wurde 1996 gewassert und segelte die Reise Cabots anlässlich des 500-jährigen Jubiläum nach.
Die erste Weltumsegelung
Ferdinand Magellan legte im Jahre 1519 mit fünf Karavellen in Sevilla ab, um die sagenumworbenen Gewürzinseln zu entdecken, die im heutigen Indonesien liegen. Im Zuge dieser verlustreichen Fahrt wurde auch der Globus umrundet und damit stichhaltig bewiesen, dass die Erde keine Scheibe sondern eine Kugel ist.
Die Drake-Passage, eine 400 Meilen breite Wasserstraße zwischen Kap Horn und der Antarktis war damals noch nicht entdeckt werden, weshalb Magellan und seine wackeren Segler eine nördlichere Route wählten, von deren Existenz sie gehört hatten, und die später als Magellan-Straße bekannt werden sollte. Sie wurden damit die ersten Europäer, die diese Meerenge passierten, obwohl Magellan eines seiner Schiffe auf einer Erkundungsfahrt verloren hatte und ein zweites desertierte und nach Spanien zurückkehrte. Die Erschließung einer Schifffahrtsroute in den Pazifik war damals eine gigantische Leistung, ohne Seekarten und 200 Jahre vor der Erfindung des Sextanten.

Die Replik der Nao Victoria, mit der Magellan zur Welumsegelung aufgebrochen war. Sie war das einzige Schiff seiner Expedition, das zurückkehrte. Foto: Rupert Holmes
Die Flotte bestand zunächst aus fünf Schiffen, mit rund 250 Mann aus mindestens acht Nationen. Doch nach einer Reihe von Pannen und Unglücken kehrte nur ein Schiff mit 18 Männer von dieser Erdumsegelung zurück. Magellan war nicht unter ihnen, nachdem er während einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Eingeborenen im Jahre 1521 in den heutigen Philippinen gefallen war, woraufhin Juan Sebastián Elcano das Kommando auf der Nao Victoria, übernahm um damit die Erdumrundung zu vollenden.
Von dem Schiff wurde für die Weltausstellung in Sevilla 1992 eine Replik gebaut. Danach absolvierte die neue Victoria eine 28.000-Meilen-Weltumsegelung mit Erfolg und bleibt bis heute im Dienst.
Darwin und HMS Beagle
Während die Fahrten der Beagle häufig durch die Entdeckungen von Charles Darwin bekannt wurden, die zu seiner Evolutionstheorie führten, war ihr Schwerpunkt eine hydrographische Vermessung von Patagonien Feuerland, weshalb das Schiff zur Namenspatin des Beagle-Kanals wurde.

Darwins Beagle beid er Erkundung des nach ihr benannten Kanals in Feuerland, an de rSüdspitze des amerikanischen Kontinents., dargestellt auf einem Gemälde von Conrad Martens
Bedenkt man, dass dies in den späten 1820er Jahren geschah, muss man den Hut vor der Seemannschaft der Besatzung ziehen, die dafür einen der ungemütlichsten Orte der Weltkugel erkundete. Auch heute noch haben Seefahrer vor diesem Gebiet höllischen Respekt, das eigentlich nichts anderes ist, als ein gigantischer Legerwall im Südlichen Ozean. Man stelle sich vor, diese Gewässer auf einem Segelschiff ohne Motor zu erkunden, das mit Wind der vorlicher einfällt als 90 Grad nichts anzufangen weiß. Klar, es gab schon vorher Segler, die von dieser Passage einige Details aufgezeichnet hatten, aber erst die Beagle führte eine exakte Vermessung durch, mit deren Hilfe später genaue Seekarten angefertigt werden konnten. Es ist ein imposanter Beleg für die Seemannschaft der Beagle-Besatzung, die zuerst von Kapitän Pringle Stokes und später von Leutnant Robert Fitzroy geführt wurde, dass ihre Arbeit bis heute die Grundlage der Kartographie des Gebietes darstellt.

Captain Willaim bligh und seine 18 Fluchtgefährten segelten 4000 Meilen in einer Nußschale. Foto: Channel 4
Kapitän Bligh und die Meuterei auf der Bounty
Die Geschichte des Matrosenaufstandes auf der Bounty war zur damaligen Zeit keineswegs eine Ausnahme. Magellan musste zu Beginn seiner Erdumsegelung eine Rebellion von drei seiner fünf Kapitäne unterdrücken. Trotzdem bleibt die Bounty-Geschichte und die von Captain Bligh und seinen 18 Getreuen bei weitem am bekanntesten, weil sie es schafften, eine gefährliche 4000-Meilen-Reise am Ozean in einem knapp sieben Meter langen offenen Boot zu absolvieren. Dabei war diese Nußschale so überladen, dass nur wenige Zentimeter Freibord blieben und zunächst nur Proviant und Wasser für fünf Tage gebunkert wurde.
Shackleton und James Caird
Während auf diesen erstaunlichen Reisen viele Leben auf See verloren gingen - oder durch Scharmützel an Land – nahm Sir Ernest Shackletons Geschichte ein glücklicheres Ende, nachdem das Expeditionsschiff HMS Endurance auf der gescheiterten Antarktis-Expedition 1915 durch das Packeis zertrümmert wurde und gesunken war. Die Mannschaft konnte einige Rettungsboote wie die James Caird in Sicherheit bringen und führte monatelang eine höchst bedrohte Existenz im Eis, ehe sie zu einem 350-Meilen-Marsch aufbrach, der sie auf die Elefanteninsel führte.

Shackleton und fünf Kameraden wassern die James Caird auf Elephant Island, um Hilfe für die gestrandete Expedition zu organisieren
Von dort aus segelten Shackleton und fünf weitere Expeditionsteilnehmer in der nur sechs Meter langen James Caird 800 Meilen über den eisigen und stürmischen Südlichen Ozean zur Walfangstation auf der Insel Süd-Georgien, um Hilfe für ihre gestrandeten Kameraden auf Elephant Island zu holen. Für diese Reise wurde die James Caird aufgerüstet: Sie erhielt ein behelfsmäßiges Deck aus Holz und Leinwand, das mit Ölfarbe und Seehundblut versiegelt wurde zudem auch einen verstärkten Kiel und mehr Freibord.
Nach 15 wilden Tagen auf See und der Landung auf Süd-Georgien ging das Abenteuer aber noch weiter: Um zur Walfangstation Stromness an der Nordseite der Insel zu gelangen, mussten Shackleton und seine Mannen erst noch ein 1500 Meter hohes Gebirgsmassiv überwinden. Aber auch das war noch nicht das Ende: Die ersten drei Versuche, die Kameraden auf der Elefanteninsel zu retten, scheiterte aufgrund von starkem Eisgang. Erst der vierte, vier Monate nach Abfahrt der James Caird, war erfolgreich. Alle Teilnehmer der Expedition kehrten danach unversehrt nach England zurück. Besondere Tragik: Einige der Expeditionsteilnehmer, die trotz größter Schwierigkeiten in der Antarktis dem Tod erfolgreich trotzten, fielen während des Ersten Weltkriegs.