Verrückt: 5 Boote ohne Gleichen
Geht nicht gibt's nicht. Der menschliche Erfindergeist kennt keine Ende. Schon gar nicht, wenn es aufs Wasser gehen soll, wie diese 5 verrückten Vehikel beweisen
Wir haben eine kleine Kollektion von Fahrzeugen zusammengestellt, die einen Eindruck davon gibt, welche atypische Konstruktionen als Boot dienen können, oder als Ersatz dafür. Der Einsatzzweck heiligt dabei die Mittel, wobei der Fantasie kaum Grenzen gesetzt scheinen, besonders dann nicht, wenn die Kasse knapp ist. Wir wünschen viel Spaß.

Dieser alte Chevy-Truck schwamm mal von Kuba Richtung Florida. Foto: US Coast Guard
Schwimmlaster
Bevor sich die USA unlängst mit dem verhassten Klassenfeind Kuba aussöhnten, versuchten es immer wieder Wagemutige, mit abenteuerlichen Vehikeln die Wasserstraße zu überqueren, die diese kommunistisch regierte Insel von Florida trennt, dem Land der Träume vieler Kubaner. Auf dem Foto ist ein phantasievoll zusammengebastelter Laster zu sehen, den die amerikanische Küstenwache 2003 etwa 40 Meilen vor der US-Küste auf See aufgegriffen hatte. Es handelt sich dabei um einen alten Chevrolet-Truck, der mit Ölfässern schwimmfähig gemacht wurde und an dessen Antriebswelle findige Mechaniker auch einen Schiffspropeller anschweißten. Das Coole dran: Das Fahrzeug war echt amphibisch, konnte also jederzeit zu Lande und zu Wasser bewegt werden. Angeblich wurde die Besatzung des preiswürdigen Fahrzeugs von den humorlosen US-Behörden wieder zurück nach Kuba verfrachtet. Schade, denn Menschen mit so viel Kreativität sind auch im Westen gefragt.

Moonlaker: Dünn und flott - solange es nicht zu sehr bläst. Foto: Privat
Moonlaker
Ganz anders, aber ebenso verrückt ist das Segelfahrzeug, das man gelegentlich am idyllischen Mondsee im österreichischen Salzkammergut sichten konnte. Der Name “Moonlaker” darf deshalb nicht verwundern, die Erfindungsgabe von Markus Schneeberger, der dieses nadeldünne Fahrzeug ersann und baute, dagegen schon. Grundlage war ein Rennruderboot, ein Zweier ohne, dem er ein längeres und etwas breiteres Heck verpasste. Die Kräfte des Riggs wurden in ein Gerüst aus Aluprofilen eingeleitet. Mast wurde von einem A-Kat abgebaut, die Fock (nur zum Wenden nötig), stammte von einem 470er und der Gennaker tat mal auf einem Tornado Dienst. Insgesamt kamen da so an die 35 Quadratmeter Stoff zusammen, mehr als genug Segel-PS für das rund 100 kg leichte Vehikel.
Einsteigen, so erklärte Schneeberger damals den Kollegen der österreichischen Yachtrevue, „kann man relativ vernünftig”. Zusätzliche Stabilität erhielt das Fahrzeug von einem Ballastschwert, doch einfach war die Handhabung deshalb nicht. Die Premiere beim Blauen Band verlief jedenfalls durchwachsen. Der Moonlaker startete mit zwei Stunden Verspätung, weil der Mast partout nicht stehen bleiben wollte. Doch nach erfolgter Reparatur schnitten Skipper und Boot durch das Feld, wie das heiße Messer durch Butter: 20 Schiffe überholt, bessere gesegelte Zeit als der Sieger. Das Fazit: Schlank ist schnell. Wenn alles hält.

So ging's von Kalifornien nach Hawaii: Junkraft überlebte den Pazifik. Foto: Junkraft
Junkraft
Wenn man schon die kubanischen Wasserfahrzeuge als Beispiel für Kreativität nimmt, dann muss man auch den Herren Marcus Eriksen und Joel Paschal Anerkennung zollen. Die bauten 2008 aus 15.000 weggeworfenen Plastikflaschen, aus entsorgten Lichtmasten und einem alten Flugzeugrumpf das 9-Meter-Floß “Junkraft”, mit dem sie 2600 Seemeilen von Los Angeles bis nach Hawaii “segelten” und dabei fast im Sturm sanken oder sonstwie in Mitleidenschaft gezogen wurden. Aber sie überlebten das waghalsige Abenteuer, das 87 Tage brauchte und im Zeichen des Umweltschutzes stand. Eriksen und Paschal wollten nämlich mit der Aufsehen erregenden Aktion auf die unsäglichen Massen von Plastikramsch aufmerksam machten, der sich im nordpazifischen Strömungskreisel zu einem Müllteppich von epischen Proportionen ansammelt. Im Laufe der Reise fischten sie nicht nur jede Menge Plastikabfall auf, sondern fingen auch noch den einen oder anderen Fisch, wie z.B. einen Rainbow-Runner, dessen Eingeweiden sie eine Handvoll kleiner Plastikteile entnahmen, die der Fisch fälschlich für Nahrung hielt.
“Es gibt mehr als 20.000 vom Menschen erzeugte Chemikalien, von denen Millionen Tonnen jährlich auf der ganzen Welt verbreitet werden, in einem offenen Konsumkreislauf, der meist mit Müll endet, der eingegraben, verbrannt oder ins Meer geschwemmt wird”, schrieb Eriksen auf seinem Blog. “Das ist untragbar und schrcklich, weil man weiß, dass viele dieser synthetischen Stoffe extrem langlebig und schädlich sind für Mensch und Tier”. Das Bittere daran: Seit damals hat sich wenig gebessert. Im Gegenteil.

Plastiki: Aus gebrauchten Plastikflaschen gebaut und sieht trotzdem fast aus wie ein richtiges Boot. Foto: www.theplastiki.com
Plastiki
Auf der gleichen Spur und zum gleichen Thema, nämlich Plastik, nur etwas flotter war David de Rothschild unterwegs. Er ist der Erbe des gleichnamigen Finanzimperiums, der sich um sein tägliches Einkommen wenig Sorgen machen muss und sich deshalb als Abenteurer und Umweltschützer einen Namen machte. Plastiki, sein etwa 18 Meter langer “Recycling-Katamaran”, der aus 12.000 wiederverwerteten 2-Liter-PET-Flaschen und einem Öko-Leim aus Zucker und Cashewnüssen gebaut wurde, segelte 8000 Meilen quer über den Pazifik, von San Francisco nach Sydney in Australien. Es ist kein Zufall, dass das Fahrzeug vom Namen her an das Balsafloß “Kon-Tiki” erinnerte, mit dem der Norweger Thor Heyerdahl 1947 von Peru nach Polynesien fuhr. Heyerdahls Nachfahren, Olav und Josian, waren nämlich ebenfalls Teil der Plastiki-Crew, die unterwegs auf ökologisch empfindlichen Inseln Halt machte, die vom Anstieg des Meeresspiegels oder der Übersäuerung der Ozeane besonders betroffen sind. Manche der Stopps waren geplant, einige aber eher unfreiwillig, denn das Boot wurde unterwegs in Mitleidenschaft gezogen und musste regelmäßig repariert werden. Das Besondere an Plastiki: Das Vehikel war energie-autonom durch Verwendung von Tret- und Windgeneratoren und Solarpaneelen und es hätte nach Ende der Reise in Sydney auch fast vollständig wiederverwertet werden können. Doch erst mal wurde es im Australian National Maritime Museum zur Schau gestellt.

Das WAM-V kommt daher wie ein Spinne, weist aber ein flexibles und interessantes Konzept auf, das auf Schlauchbootrümpfen basiert. Foto: www.wam-v.com
WAM-V
Und noch ein verrücktes Gefährt auf zwei Rümpfen sei hier vorgestellt: Es nennt sich WAM-V, ein Kürzel, das für Wave-Adaptive Vessel steht, also ein Boot, das sich den Wellen eher anpasst als sie brutal zu durchschneiden oder glattzubügeln. In seiner Erscheinung erinnert dieses eigenwillige Fahrzeug, das auf den Namen Proteus getauft wurde, ein bisschen an den Happy Cat, einen beliebten Schlauchbootkatamaran, den es seit den 1960er Jahren als Freizeitboot auf dem europäischen Markt gibt. Doch damit war’s das schon mit der Ähnlichkeit. Der WAM-V ist ein Tick mehr als 30 Meter lang und halb so breit, verfügt über Titangelenke an den vier stoßdämpfenden Verbindungen der Brücke mit den aufblasbaren Gummirümpfen, wird von zwei insgesamt 710 PS starken Dieselmotoren angetrieben und kann bis zu zwei Tonnen Nutzlast mitführen. Dabei beträgt der Tiefgang nur ca. 50 cm, ist also ideal für seichte Gewässer wie Lagunen oder Flussmündungen. “Es ist der Prototyp einer neuen Bootskonzepts, das weiche Rümpfe mit einer festen Brücke verbindet”, sagt der italienische Erfinder Ugo Conti. Die Einsatzzwecke sind vielfältig, von der Requisite eines Sciencefictionfilms, über wissenschaftliche Forschung bis hin zu Aufträgen für das Militär würde sich das WAM-V eignen. Seit seiner Vorstellung hat Contis Firma Marine Advance Research das Konzept auch in Kleinformat für autonome Wasserfahrzeuge oder Drohnen mit elektrischem Antrieb adaptiert.