Corsair Pulse 600: Flotter Dreier
Ob groß oder klein, ob zwei oder drei Rümpfe, Multihulls sind einfach en vogue. Mit dem Pulse 600 bringt Corsair nun eine frische Interpretation der Strandkat-Idee.
Kleine Boote müssen heute schon einiges bieten, um sich im dichten Angebot behaupten zu können: Spaß sollen sie machen und günstig sollen sie sein, dabei einfach handhabbar und pflegeleicht. Stabilität ist ebenso gefragt wie Adrenalin, denn schließlich soll die Familie furchtlos mitsegeln können, doch wenn’s mal juckt, muss auch geschreddert werden. Und von Aufriggen bis Ablegen darf’s nicht länger dauern als eine halbe Stunde. Früher mal war diese Nische die Domäne von Hobie Cat, doch seit sich die Südkalifornier verstärkt dem Paddelsport widmen, klafft dort eine Lücke in die Corsair Marine nun mit dem neuen Kleintrimaran Pulse 600 vorstößt. “Der Pulse ist für Einsteiger, für Umsteiger von einem Strandkat, die auch mit Familie segeln wollen, spricht aber auch jene an, die ohne viel Aufwand gerne schnell segeln“, definiert Werner Stolz von Corsair Deutschland die Zielgruppe des Bootes.

Raumschiff: Der Corsair Pulse 600 bietet mehr Platz als Strandkats gleicher Länge, aber ein sehr ähnliches Segelgefühl. Foto: Dieter Loibner
Corsair Marine wurde 1984 von John Walton aus der Wal Mart-Familie in Chula Vista, Kalifornien, gegründet, um das Multihull-Genre umzukrempeln. Schon das erste Boot, das die Werkshallen nahe der mexikanischen Grenze verließ, nämlich der von Ian Farrier entworfene F27, geriet zu einem Hit: Mit dem patentierten Mechanismus, der das Boot für den Trailertransport oder das Parken in einer schmalen Hafenbox ruckzuck zusammenfaltet, mit Schlaf- und Kochgelegenheit unter Deck und guten Fahrleistungen, eroberte dieser Trimaran rasch eine Fangemeinde. Es folgten zahlreiche Regattasiege und sogar Ozeanüberquerungen, sowie andere Corsair-Modelle, die nach dem selben Muster gestrickt waren. Doch die Werft schwächelte und wurde von Walton 1994 um einen symbolischen Dollar verkauft. Ein paar Jahre später stieg Farrier aus und 2006 wurde der Firmensitz nach Vietnam verlegt. Seit 2010 gehört Corsair zur australischen Firma Seawind Catamarans, wobei die Modelle beider Marken unter einem Dach in Ho-Chi-Minh-Stadt gebaut werden.

Gleiches Prinzip, andere Optik: Der "Urahn" F27. Foto: www.cruisersforum.com
Der Pulse 600 ist derzeit Corsairs kleinstes Modell (siehe unser Video über den fahrtentauglichen Cruze 970) und wurde vom Franzosen Francois Perus entworfen, der auch den deutschen Fahrtenkat Slyder 47 konstruierte. Rümpfe und Decks werden aus GFK-Sandwichlaminat mit PVC-Schaumkern und Vinylester im Infusionsverfahren gebaut, lediglich die Querträger werden noch im Handauflegeverfahren hergestellt. Für höhere Steifigkeit wird der Mittelrumpf zudem noch von zwei Rahmenkonstruktionen aus Kohlefaser verstärkt, wobei die vordere Struktur den Mast trägt und die hintere den gebogenen Traveler. Auf Sitz- und Trittflächen an Deck wurden graue rutschfeste Beläge aufgeklebt.

Rampenakt: Mit gestelltem Mast und gefalteten Amas geht's rückwärts ins Element. Foto: Dieter Loibner
Die üppige Breite von 4,5 m, die der Pulse aufs Wasser bringt, lässt sich mit dem patentierten Klappmechanismus der Amas auf 2,45 m, reduzieren, womit das Boot mit seinen 450 Kilo Leergewicht locker zu trailern ist. Optisch unterscheidet sich der Pulse jedoch von den älteren Corsair-Modellen durch die negative Bugform der Rümpfe, die als Wavepiercer ausgelegt sind und das deutlich größere Volumen der nach innen angewinkelten Seitenschwimmer, die von den Proportionen her ein wenig an jene des dänischen Dragonfly 25 erinnern. Das dritte auffällige Merkmal ist die mit einer entfernbaren farbigen Haube abgedeckte Stauraum im Bug des Mittelrumpfes, der sich mit einem Steckschott gegen das Cockpit hin abschließen lässt. Die Idee ist gut, genauso wie die wasserdichte Stauluke im Doppelboden darunter, das Einstecken des Schotts in die seitlichen Führungen und das Abschließen indes ist eher ein Geduldspiel für Feinmotoriker.

Auf Breite: Rasch werden die Seitenschwimmer ausgeklappt. Foto: Dieter Loibner
Aufgetakelt ist der Pulse 600 recht flott, dank des mitgelieferten Jüttbaums und einer manuellen Winde am Anhänger, die beim Stellen des Mastes gute Dienste leisten. Im Nu waren Großbaum samt dem darum aufgerollten Großsegel und die Rollfock anschlagen und ging es mit dem Trailer auch schon rückwärts die Sliprampe runter ins Wasser. Vor unserem Test auf der Buzzards Bay im US-Bundesstaat Massachusetts, demonstrierte Corsair-Händler und Multihullsegler Bob Gleason, wie rasch die Amas am Wasser in Position gebracht und arretiert werden, ehe er Steckschwert und -ruder einsetzte. Alles an Bord sieht einfach aus, manches fast schon minimalistisch, doch es fehlt an nichts. Einzig das Setzen des durchgelatteten Foliengroßsegels gestaltete sich am Testboot etwas mühsam, weil das Liektau nicht mit dem Beschlag harmonierte, der es in die Keep des drehbaren Alumasts füttern sollte. Die 9,5 Meter hohe Spiere, so stellt man mit einigem Erstaunen fest, besteht aus zwei Profilen, die auf Höhe der Saling vernietet sind. Der Grund, so Gleason, sei zum einen der Transport im 20-Fuß-Container, der nur mit geteiltem Mast möglich ist und zum anderen, dass es in Vietnam angeblich keine Aluprofile gibt, die länger wären als sechs Meter.

Pragmatisch: Die Rahmenkonstruktion trägt den Mast und der Stauraum davor ist durch eine abnehmbare Haube geschützt. Die Beschlagsausrüstung ist zweckmäßig, doch am Testboot fehlte noch der Feinschliff, z. B. beim Abstand der Blöcke des Vorliekstreckers ( l.) Foto: Dieter Loibner
Die kurze Verzögerung war sofort vergessen, sobald der Trimaran von der Leine gelassen wurde, denn ein böiger West machte dem Pulse sofort Beine. Mit 26,5 Quadratmetern Amwind-Segelfläche ist das Boot nicht exzessiv aber für seinen Verwendungszweck völlig ausreichend betucht. Unterwegs wurde kurz Halt gemacht, um Getränke zu bunkern und einen weiteren Mitsegler an Bord zu holen. Fock wegrollen, Schwert raus, Ruder hoch und ran an den Strand. Im Prinzip lief alles genau wie auf einem Hobie, nur eben auf drei Rümpfen. Und das ist der Clou des Pulse: Drei Erwachsene treten einander nie auf die Füße, weil die Decksfläche wesentlich größer ist als auf einem Strandkat gleicher Länge. Man kann sich sogar den Luxus leisten, einen Mann im Cockpit des nach achtern offenen Mittelrumpfs zu stationieren, um dort Fallen und Strecker zu bedienen. Nötig wäre das bei leichtem und mittlerem Wind freilich nicht, denn da reichen zwei Mann und 160 Kilo Crewgewicht locker aus, um das Boot zügig zu segeln. Gleichwohl bringen die voluminösen Seitenschwimmer so viel Auftrieb, dass man auch mit einer Vierercrew gut unterwegs ist. Mit Kuchenbude, Schlafsack und Luftmatratze im Gepäck wären auch Übernachtungen mit Campingcharakter möglich, denn Portapotti und Kühlbox fänden im Stauraum des Mittelrumpfes Platz.

Der Strand ist dein Freund: Mit dem Pulse geht's bis auf den Sand. Foto: Dieter Loibner
Spannend dann die erste Wende. Fock back oder nicht? Dazu bestand kein Anlass, denn das Boot ließ sich dank des gut profilierten Steckschwerts zumindest bei flachem Wasser schnell und einfach drehen, fast als wäre es eine Jolle. Ebenfalls angenehm war das präzise und fast drucklose Steuern mit dem Mittelruder. Am Testboot war schlauerweise ein teleskopischer Battlestick-Ausleger montiert, der es dem Rudergänger gestattete, außen am luvseitigen Ama auf Höhe der Want zu sitzen, mit gutem Blick in die Fock und nach Lee. Ebenfalls notiert: Die Ausreitgurten am Trampolin, die zum sportlichen Segeln animieren. Tadellos auch die Laminatsegel von North, die am Testboot anstelle der Standardsegel von Doyle gesetzt waren. Regattisten würden sich allerdings einen effektiveren Vorliekstrecker des Großsegels wünschen. Am Testboot passte der Abstand der Blöcke noch nicht und die Leine war zu kurz, um dieses wichtige Trimminstrument auch beim Ausreiten effektiv zu bedienen.

Ausreitgurte statt Trapez: Wer möchte, kann diesen Trimaran sehr sportlich segeln. Foto: Dieter Loibner
Freude kam auf als der asymmetrische Spinnaker aus dem am Trampolin festgezurrten Sack durfte. Am Bugspriet angeschlagen, vergrößerte der die Segelfläche gleich um 32 Quadratmeter, deutlich mehr als die von der Werft ursprünglich vorgesehenen 25. Die Schoten wurden jeweils über zwei Umlenkblöcke mit Ratschen geschoren, wobei hier das letzte Wort in Sachen Holepunkte noch nicht gesprochen zu sein scheint. Gleason experimentierte deshalb mit Spektravorläufen, die an den Beams festgemacht waren, um den optimalen Zugwinkel zu eruieren. Dem Pulse war das aber herzlich egal, das Boot legte gleich ein paar Knoten Speed zu und bedankte sich mit Gischt an Deck, wenn die Geschwindigkeit in den Böen auf gut zweistellige Werte kletterte.

Gut im Trimm: Soll das Boot schnell bewegt werden, kommt der richtigen Gewichtsverteilung der Crew große Bedeutung zu. Foto: Dieter Loibner
Auf dem Rückweg musste der kleine Tri dann dann zeigen, was auf der Kreuz in ihm steckt. Wie auf allen leichten Multihulls lautet die goldene Regel: Rumpf aus dem Wasser und Gewicht nach vorne, um das Heck zu entlasten, das sonst ungewollte Bremswirkung entwickelt. Bei kabbeliger See und wechselhaften Windstärken machte es sich bezahlt, fallweise die Schoten etwas zu schricken und dabei leicht abzufallen, um die Wavepiercer-Rümpfe ohne Stampfen durch die Wellen zu powern. Beruhigend wirkte dabei die Stabilität und die vergleichsweise zahmen Krängungswinkel, weil stets zwei Rümpfe im Wasser waren.
Und wenn’s mal gar nicht weht, muss ein kleiner tragbarer Quirl ran, für den am Heck ein fix angebauter Spiegel vorgesehen ist. Ob Benziner mit eingebautem Tank (z.B. Suzuki DF 2.5) oder Elektro mit integrierter Batterie (z.B. Torqeedo Travel 1003) ist dabei Geschmacksache. Wichtiger sind die Pfunde, denn auch wenn der Motor hochgeklappt ist, bremst jedes Gramm, das da hinten mitreist. Pingelige werden den Flautenschieber zum Segeln demontieren und weiter vorne im Mittelrumpf stauen.

Aufgeräumt: Viel Decksfläche und wenig Leinensalat. Foto: Dieter Loibner
Nach der kurzweiligen Ausfahrt auf der Buzzards Bay lässt sich sagen, dass Scholz mit seiner Einschätzung ziemlich gut liegt: Der Pulse 600 macht es für Segler unterschiedlichen Kalibers leicht, die Sucht nach Speed zu befriedigen und bietet dabei mehr Platz an Deck, mehr Rumpfvolumen und Stabilität als Kats gleicher Größe – und das ganz ohne Artistik im Trapez. Wenn’s gemütlich hergehen soll, wird man auch nicht verlegen, Freunde oder Familie auf einen Genussschlag einzuladen. Am Testboot gab es zwar das eine oder andere Beschlagsdetail, das sich optimieren ließe, doch fundamental war nichts verkehrt. Bleibt noch der Preis, der mit 39.912 Euro inkl. MwSt. ausgeschrieben ist, wobei mit Anhänger und Aufbaukosten 42,200 Euro fällig werden. Kein Schnäppchen, doch im Rahmen für ein Boot, das der Idee des einfachen, spaßgeladenen Segelns vom Strand weg eine neue Dimension auf drei Rümpfen verleiht.

Wuchtig: Aus diesem Blickwinkel versteckt sich der Mittelrumpf völlig hinter dem steuerbordseitigen Außenschwimmer. Foto: Dieter Loibner
Spezifikationen Corsair Pulse 600
Länge: 6m
Breite: 4,5m (geklappt 2,45m)
Tiefgang: 0,22m - 1,2m
Mastlänge: 9,5m
Gewicht (leer): 450kg
Großsegel: 19,1qm
Fock: 7,5qm
Spinnaker: 32qm
CE Kategorie : C
Design: Francois Perus
Preis inkl. MwSt. 39,900 Euro
Werft
Corsair Marine
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