Jeanneau Cap Camarat 6.5 BR Bootstest
Jeanneau kann auch kleine Motorboote. Beweis dafür liefert die Cap Camarat 6.5 BR, ein Bowrider, den Tester Dieter Wanke in Düsseldorf besichtigte
Die französische Großwerft Jeanneau hat es zur Gewohnheit gemacht, seine diversen Baureihen über viele Jahre hinweg zu pflegen entweder durch Erneuerung oder durch Aktualisierung, wie zum Beispiel bei den Leader oder Merry-Fisher-Motorbootmodellen. Gleiches gilt auch für die bestens eingeführten Cap-Camarat-Reihe, die Boote in verschiedenen Ausführungen von vier bis über 10 Meter Länge umfasst.
Insgesamt vier Camarat-Modelle finden sich derzeit im Angebot: Mittelkonsole, Day Cruiser, Walkaround und seit dem Modelljahr 2017 auch eine Bowrider-Version in Form der Cap Camarat 6.5 BR, die es auch in einer kürzeren Ausführung mit 5,5 Metern Länge gibt. Diese kleinen Boote mit Außenbordmotorisierung sind leicht trailerbar und machen dank des großen Bugcockpits auch der ganzen Familie Spaß.
Design und Styling
Sowohl die 5.5. als auch die 6.5 sind vom skandinavischen Stil inspiriert, den Jeanneau ziemlich clever fürs mediterrane Klima adaptiert hat, mit einer Vielseitigkeit, die beim Anbordgehen schnell deutlich wird. Der zentrale Durchstieg durch die Konsole ist breit und komfortabel und die Sitzflächen im Bug geben diesem Bereich das Gefühl, er sei gar etwas tiefer gelegt. Das ist im skandinavischen Sinne zwar nicht ganz fachgerecht, doch dass damit Platz geschaffen wird für zwei vorwärtsgerichtete Sonnenliegen, verdeutlicht die Priorität von dekadentem Freizeit-Vergnügen gegenüber pragmatischer Seemannschaft. Positiv der hohe Bugkorb samt Reling und die große Breite, die man von nordischen Bowridern her gewohnt ist. Das Ergebnis ist ein Bug, über den man sicher und bequem zu- und aussteigen kann.

Der Bugbereich mit Platz zum Sitzen, Liegen, Essen.
Es gibt auch jede Menge Platz für einen Esstisch und eine Lücke unter dem Steuerbordsitz, die spielend eine Kühlbox schlucken kann, die erfrischende Getränke griffbereit hält, womit der Weg ins Achtercockpit entfällt. Und wie zu erwarten, entsteht durch Absenken des Tisches gleich eine zweite Sonnenliege, die jene im Heck ergänzt. Das Cockpit selbst ist breit, geschützt und komfortabel mit seiner C-förmigen Sitzbank achtern und den beiden Sitzen für Fahrer und Beifahrer vorne.
Doch die Windschutzscheibe, der Handgriff am Süll, der Wakeboard-Tower und eine Belegklampe achtern machen das Einsteigen vom Steg kompliziert. Mit einer vergrößerten Schwimmplattform und einem Durchgang ins Cockpit an Steuerbord ist dies allerdings ein weniger großes Problem als es ansonsten hätte sein können. Dass dieses Arrangement Anglern zusagt, so wie es die Konstrukteure offensichtlich im Sinn hatten, ist höchst ungewiss, weil einfach zu viel Mobiliar verbaut wurde. Mit einem sicheren Vorschiffsbereich, offenem Cockpit und zwei Schwimmplattformen beidseits des Außenborders, bieten die Cap Camarats dennoch ein unkompliziertes Layout mit großem Nutzwert für Normalverbraucher.

Cockpit mit Wakeboard-Tower und teilbarer Windschutzscheibe für den Durchgang zum Bug
Kritik gibt es an den Sitzkissen und zwar an der Art und Weise, wie sie am Boot befestigt sind. Jeanneau verwendet ein kompliziertes System mit Riemen, Laschen und Ösen. Wer den Fehler begeht, ein Kissen zu entfernen, wird ziemlich lange fummeln müssen, um es wieder richtig einzusetzen. Natürlich sind die Kissen so sicher verankert, doch wer eine Camarat besitzt, den könnte dieses Spielchen mit der Zeit ziemlich nerven.
Auch andernorts sind ungewöhnliche Entscheidungen der Konstrukteure bzw. der Werft zu sehen. Auf dem Testschiff zum Beispiel wurde die Klappe des großen Stauraums achtern durch eine Leine offen gehalten, deren Plastikschäkel man an der Klampe einhängen musste. Diese Lösung mag einfach sein, leicht und billig, vielleicht sogar robust, doch nach Meinung des Rezensenten ist sie ein Kandidat für eine Aufrüstung wie z.B. ein Gasstoßdämpfer oder eine mechanische Arretierung. Klar ist es erfreulich, in beiden Konsolen dezenten Stauraum vorzufinden, aber es ist schwer nachzuvollziehen, weshalb sie mit schweren, entfernbaren Deckeln verschlossen werden, die zudem schwer zu stauen sind, wenn man sie mal geöffnet hat, anstatt mit Luken, die auf gewöhnlichen Scharnieren befestigt sind.
Sportlich unterwegs
Hat man aber im Fahrersitz mit dem hochklappbaren Polster hinter dem großzügig dimensionierten Armaturenbrett Platz genommen, fühlt sich alles deutlich besser an. Die Sitzposition ist eher durchschnittlich, weil keine ergonomischen Zusätze geboten werden, wie etwa eine Fußstütze oder eine Stütze für die Gashand, gibt es genug Unterstützung und Komfort, um den Aufgaben als Schiffsführer bequem und entspannt nachzukommen.

Sorgt für guten Vortrieb: Yamaha F 200
Legt man den Hebel auf den Tisch, ist schon nach 5.5 Sekunden die Gleitfahrt erreicht. Für ein Boot dieser geringen Größe mit dem Gewicht eines Yamaha F200-Außenborders am Heck ist dies mehr als in Ordnung, denn der echte Spaß damit geht danach erst richtig los. Nach weiteren 13.5 Sekunden liegen 40 Knoten Topspeed an, wobei das Boot zufriedenstellende Agilität und Spurtreue zeigt, wenn das Geläuf etwas rauer wird. Der F200 ist laut Hersteller die Topmotorisierung, wobei die Cap Camarat damit weder überpowert oder hecklastig wirkt. Im Gegenteil, wer die Arten von Wassersport genießen möchte, zu der dieses Boot einlädt, würde wohl kaum mit weniger Vorlieb nehmen wollen.
Zusammenfassend
Dieser neue 6,5-Meter-Bowrider sieht attraktiv aus, fährt agil und ohne Fehl und Tadel. Die Cap Camarat fühlt sich dabei auch geräumig, sicher und geschützt an, wobei den Gästen an Bord mehr Möglichkeiten zum Sitzen und Sonnenbad zur Verfügung stehen als auf den meisten Booten dieser Bauart und Größe. Die Verschlussklappen und Polsterarretierungen machen das an sich sehr unkomplizierte Bootserlebnis ein wenig klobiger, verschwitzter und ärgerlicher als es sein müsste.
Spezifikationen Jeanneau Cap Camarat 6.5 BR
Lüa: 6,4 m
Breite: 2,48 m
Verdr.: 1 t (ohne Motor)
Tiefg.: 0,6 m
Treibstoff: 170 l
Wasser: 50 l
Motorisierung: Außenborder bis 147 KW/200 PS
Motor Testboot: Yamaha F200
Preis: 20.916 Euro ohne Motor
Preis Testboot: 46.686 Euro
CE-Kategorie: C (7 Personen)
Dieser Artikel wurde ursprünglich im März 2017 publiziert und wurde nachträglich erweitert.
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