Olympia-Skiff für Frauen: Die sechs Bewerber
Im Mai wird entschieden, welches der vor Santander getesteten Boote für die neue olympische Segeldisziplin des Damenskiffs eingesetzt wird
Der Sport schreit förmlich nach einem olympischen Frauenskiff. In den vergangenen Jahren führte ich viele Gespräche mit jungen Seglerinnen, speziell nachdem das Europe-Dingi zugunsten des Laser Radial aus dem olympischen Programm genommen wurde. Kurz und gut, keins der Damenboote macht besonders viel Spaß beim Segeln. Die Männer andererseits haben den 49er und den Finn. Auch wenn man die Beweggründe verstehen kann, die den Laser Radial zum Einhand-Dingi für Frauen gemacht haben, wurde das Boot doch für das volle Rigg entwickelt und ist deshalb viel weniger angenehm zu segeln als die Europe.
ISAF, der internationale Segelverband, scheint nun entschlossen, eine Skiff-Klasse für Frauen für 2016 festzulegen. Dabei war man an dem Punkt schon 2007 angelangt, als etliche Hersteller viel Zeit und Mühe in die Sichtung von Frauenskiffs steckten, bevor man das Frauen-Matchracing für 2012 olympisch machte. Doch diesmal sieht es so aus, als wäre die Zeit fürs Frauenskiff wirklich gekommen, weil es für das Programm von 2016 Sinn macht, mit einem dezidierten Einhandboot für Männer und Frauen (Laser/Laser Radial), Zweihandboot (470), Skiffs (49er/TBD), Wind-, oder Kitesurfing und einem gemischten Multihull. Nur der Finn bleibt eine Anomalie als ein zusätzliches Einhandboot für Männer. Hier die Boote, die im März vor Santander evaluiert wurden:
29erXX: Ein 29er mit Maxi-Rigg
Der von Julian Bethwaithe konstruierte und von Ovington gebaute 29er XX ist ein 29er mit 45 cm höherem Mast und 2,5 m2 größerer Segelfläche in Groß und Fock und 4 m2 mehr im Spinnaker.Trotzdem ist das weniger Segelfläche als bei den meistern anderen Bewerbern.

29er XX
Ohne Zweifel ist der 29er ein Spaßboot, aber doch ziemlich klein. Das XX-Rigg verleiht mehr Power, aber so wie der Laser Radial ist es nur eine angepasste Version. Ich denke, Frauen verdienen eine Olympiaklasse, die speziell für sie entwickelt wurde. Natürlich gibt es eine Reihe von Vorteilen, wie zum Beispiel die existenten 29er-Flotten und den einfacheren Übergang für Jugendliche zum XX. Es gibt tatsächlich viele Landesverbände, die an dieser Option interessiert sind und eine Gruppe, die auf einen Auswahlprozess gänzlich verzichten wollte.
LüA 4,45m
LWL 4,24m
Breite 1,77m
Gewicht 70kg
Masthöhe: 6,7m
Segelfläche (am Wind) 15 m2
Spinnaker 19 m2
Mackay FX: Ein Mini-49er
Der FX vom neuseeländischen Hersteller Mackay Boats wiederum ist ein 49er mit gestutztem Rigg, was mich nicht sonderlich beeindruckt. Trotzdem ist es eine interessante Lösung, weil man nur ein neues Rigg für den 49er kaufen muss.
Der Segelplan wurde so ausgelegt, dass er den richtigen Druck für eine Crew mit 120 kg Gewicht aufbaut, mit dem Ziel, die ganze Power bei derselben Windstärke zu entwickeln wie der voll getakelte 49er.

Mackay FX
Verglichen mit dem 49er ist der Mast ist 45 cm kürzer und die Amwind-Segelfläche wurde verringert mit einem Squaretop-Groß, wie man es auf 18-Footern sieht oder auf modernen Multihulls wie etwa beim America’s Cup. Der Gennaker ist flacher als beim 49er und Mackay vertraut darauf, dass man mit diesem Rigg raumschots mit den 49ern bei den meisten Bedingungen mithalten wird können. Andere Zugeständnisse an leichtere Crews sind die stärker übersetzten Schotzüge für Genua und Fock.

Mackay FX Rigg (r.)
LüA 4,995m
Breite 2,4m
Tiefgang 1,4m
Gewicht 80kg
Mast Höhe 6,55m
Arup Skiff: Verwurzelt im Cherub
Der Arup geht aus der Cherub-Klasse hervor, genauer aus dem Ellway 6 Cherub. Es ist eine kleine, aber sehr aktive Entwicklungsklasse, und so ein Szenario hat schon in der Vergangenheit gute One-Designs produziert (wie z.B. die Europe, die aus der Intenational Moth hervorging). Aber Arup, die Firma, die dieses Boot zur Auswahl eingereicht hat, kann auf keine etablierte Werft verweisen, die hinter dem Boot steht, oder auf eine existente One-Design-Klasse.

Ellway 6 Cherub
Aura: Echt frisch
Ovington Boats engagierte einen neuen Designer, Peter Hobson, der das Boot konstruierte und Mackay Boats in Neuseeland für den Bau. Die Aura unterscheidet sich optisch stark von den anderen Booten und sieht eher einem 18-Footer ähnlich.

Aura von Ovington/Mackay
Die Firma sagt, man wurde von den Offshore-Rekordyachten und der neuesten AC-Technologie inspiriert, was auch im Bugdesign ersichtlich ist. Die Aura hat einen Rumpf mit wenig Freibord, negativem Decksprung und einen scharfen Kimmknick entlang des gesamten Rumpfes, spiegelbildlich zur Deckskante. Das Boot hat auch Racks statt fester Wings, womit es ein bisschen dem International 14 ähnelt. Dabei ist der vordere Beam mit seiner M-Form auch gleichzeitig der Montageplatz der Schiene für die Selbstwendefock. Es ist ein wirklich neues Design mit modernem Squaretop-Großsegel, seglerisch anspruchsvoll, aber auch unterhaltsam.
LüA 4,75 m
Breite 2,20 m
Gewicht 85 kg
Großsegel 12,5 m2
Fock 4,75 m2
Spinnaker 25 m2
Hartley Rebel: Ein lebhafter Ritt
Der
&hd=1" target="_blank">Rebel-Prototyp wurde Anfang 20111 vorgestellt und seitdem hat Hartley Boats das Boot und vor allem das Rigg verbessert und verfeinert. Entworfen von Phil Morrison und Derek Clark, hat der Rebel keine soliden Wings, sondern ein Gestänge mit Netzgeflecht, wie die 18-Footer.

Hartley Rebel
Der Segelplan ist für die Größe des Bootes eher üppig, was einen Tester zur Bemerkung „sehr lebhaft” veranlasste, während 470er-Seglerin und Yngling Olympiasiegerin Sarah Ayton eine Ausfahrt sehr zu genießen schien. „Ich hab immer nur gegrinst. Am 470er ist es ungemein wichtig, alles für die Verhältnisse exakt einzustellen. Auf den Rebel muss man dagegen nur aufsteigen und die eigentliche Belohnung ist das Boot gut zu segeln, um den vollen Speed herauszuholen. Das fordert genauso heraus, aber auf eine andere, sehr erfrischende Art und Weise.”
LüA 4,5 m
Breite 2,9 m
Gewicht 89 kg
Großsegel 12,5 m2
Fock 5,7 m2
Spinnaker 28,5 m2
RS900: Ein moderner „Mini-49er”
Die erste Reaktion auf das Design des RS900 war: „Endlich!” Mein langjähriger Traum eines kleineren 49ers schien in Erfüllung gegangen zu sein. Ich segle gern 49er, bin aber nicht groß oder stark genug in den Schultern, um den riesigen Gennaker hochzureißen. Da steckt zu viel Dampf drinnen für jemanden, der wie ich nur 59 Kilo wiegt. Dennoch hab ich selten ein Boot gesegelt, das so viel Spaß macht.

RS900
Der RS900 begann als Weiterentwicklung des RS800, doch hat sich mittlerweile weit vom Original entfernt. Es gibt ein bisschen Familienähnlichkeit im Rumpfdesign, aber der 900 ist kürzer, hat weniger Freibord und Gewicht. Er hat auch die festen Wings wie der 49er, die einen „aufgeräumten Spielplatz” schaffen.

RS900 Wings
Der RS900 ist größer als der 29er XX, womit das Boot weniger gewichtsempfindlich ist, andererseits ist es aber auch agiler als der RS800. Die ersten Reaktionen auf das Design nennen es schnell, leicht und seglerisch interessant. RS hat hier viel investiert und es wäre schade, wenn das Boot nicht in Produktion ginge, egal, ob es Olympiaklasse wird, oder nicht.
LüA 4,68 m
LWL 4,5 m
Breite 2,83 m
Tiefg. 1,46 m
Gewicht 109 kg
Großsegel 11,8 m2
Fock 6,05 m2
Spinnaker 26,6 m2
Die Tests
Mitte März fanden die Tests vor Santander statt mit Seglern, die von ihren jeweiligen Landesverbänden entsandt wurden und ihre Eindrücke von den einzelnen Booten unter verschiedenen Segelbedingungen zu Protokoll gaben. Der Abschlussbericht wird beim nächsten ISAF-Treffen im Mai vorgelegt, wo das zuständige Gremium auch bestimmt, welches Boot für den Damenskiffbewerb 2016 herangezogen wird. Es wird, wie immer in solchen Fällen, eine politische Entscheidung, doch zweifellos werden auch die Präferenzen der Segler und andere Faktoren wie Kosten und Verfügbarkeit der Boote dabei eine Rolle spielen.
Gael Pawson ist Chefredakteur des englischen Magazins Yachts & Yachting.