Vorbereitungen auf Langfahrten fallen in zwei Kategorien: Neues Zubehör ein und anzubauen, woran man natürlich zu allererst denkt. Aber es ist mindestens ebenso wichtig, das Boot gründlich und von Grund auf für eine Blauwasserreise vorzubereiten.
Am besten beginnt man damit, alle wichtigen Systeme zu überprüfen, das Rigg, den Motor, die Elektrik usw. Auch auf die Struktur sollte man dabei nicht vergessen, denn sollte es da Probleme geben, ist es besser sie gleich am Anfang auszumerzen.




Die Vorbereitung des Bootes für eine Langfahrt beginnt lange vor dem Einkauf von Zubehör, Ausrüstung und Proviant

Die Vorbereitung des Bootes für eine Langfahrt beginnt lange vor dem Einkauf von Zubehör, Ausrüstung und Proviant


Allgemeines
Egal, wie groß das Boot ist, wer sich auf den Ozean begibt, muss mit schwerem Wetter rechnen, das das Boot mit dem Rigg aufs Wasser drücken kann und das bedeutet eine Krängung von 90 Grad oder mehr. Deshalb ist es wichtig, alles was dabei durch die Kajüte geschleudert wird und dabei Boot und Crew verletzten könnte, festzumachen. Dazu zählen Bodenbretter, Batterien, Gasflaschen. Ankergeschirr, Wasser und Treibstofftanks und Proviant, der in der Kombüse verstaut wird.
Und das Niedergangsluk bei Schwerwetter einzubüßen, wäre katastrophal, deshalb macht es Sinn, es mit einer Leine zu sichern und es so zu modifizieren dass es sowohl von außen als auch von innen geöffnet bzw. verschlossen werden kann.




Ein scheinbar vernünftiger Niedergang, hoch genug über dem Cockpit. Aber lässt sich das Niedergangsluk mit einer Leine sichern und kann es sowohl von innen als auch außen gesichert werden?

Ein scheinbar vernünftiger Niedergang, hoch genug über dem Cockpit. Aber lässt sich das Luk mit einer Leine sichern und kann es sowohl von innen als auch außen gesichert werden?


Rohrleitungen sollten an die Borddurchlässe doppelt angeklemmt sein und ein konischer Pfropfen aus Weichholz sollte mit einem Bändsel angehängt werden. Das scheint vielleicht des Guten zu viel zu sein, aber in einer Notsituation wie etwa bei einer Kenterung, kann dieser Notstopfen sonst irgendwohin verschwinden und dann wäre er nutzlos.Wenn es einen Wassereinbruch gibt, würde ein ungesicherter Stöpsel einfach davon schwimmen.




Bei Borddurchlässen die Schläuche mit zwei Schellen anklemmen und einen passenden Sciherheitsstopfen in der Nähe anbändseln

Bei Borddurchlässen die Schläuche mit zwei Schellen anklemmen und einen passenden Sciherheitsstopfen in der Nähe anbändseln.


Abnehmbare Handgriffe von manuellen Bilgepumpen sollten ebenfalls mit einem Bändsel gesichert werden und man sollte zumindest zwei solcher Pumpen einbauen, eine, die unter Deck und eine die an Deck bedient werden kann, ohne dabei einen Lukendeckel öffnen zu müssen. Auch sollten alle an Bord wissen, wo die Notausrüstung und der Verbandskasten verstaut sind, weshalb es hilft, einen Stauplan an gut sichtbarer Stelle aufzubewahren.




Schulmäßiger Hebel für die Bilgepumpe, der im Notfall im Cockpit leicht zu bedienen ist.

Schulmäßiger Hebel für die Bilgepumpe, im Notfall im Cockpit leicht zu bedienen.


Notsteuerung
Alles was über die Installation einer Notpinne auf Booten mit Radsteuerung hinaus geht, wird von den Eignern von Fahrtenschiffen gern vernachlässigt. Doch die Möglichkeit eines kompletten Ruderverlustes sollte von Beginn an in den Planungen berücksichtigt werden. Die Crews bei Offshore-Regatten müssen wissen, wie sie ihr Schiff nach einem Ruderverlust bei jedem Wetter mit alternativen Methoden steuern können, wobei zumindest eine  Lösung an Bord erprobt sein muss. Auch fordern die Regeln, dass alle Boote eine Notpinne an Bord haben, außer jene, die von Haus aus mit einer Pinne aus bruchsicherem Metall gesteuert werden.


Weil extreme Bedingungen gewöhnlich mehrere Schiffe einer Regattaflotte gleichzeitig treffen, gibt es in der Regattaszene gutes Datenmaterial über die häufigsten Probleme, wovon alle Segler profitieren können. Es lohnt sich, die ISAF Offshore Regulations aus dem Netz herunter zu laden um zu sehen, ob ihnen das eigene Boot entspräche.


Reffanlagen
Auf Langfahrten ist oft nur eine Person auf Ruderwache, deshalb kann man sich so eine Passage deutlich erleichtern, wenn die Trimm- und Kontrolleinrichtungen für die Segel so montiert sind, dass sie einhand bedient werden können. Auf Booten mit bis zu 15 Meter Länge und gutem Layout, sollte ein entsprechend ausgebildeter und erfahrener Segler innerhalb von 90 Sekunden alleine das Großsegel ein- und ausreffen können.


Das Einleinen-Reffsystem ist dabei enorm hilfreich und kann auf vielen Großbäumen nachgerüstet werden. Als Alternative können auch Leinen von den Reffkauschen im Vorliek zurück ins Cockpit geführt werden, mit dem Vorteil, dass solche Systeme deutlich weniger Reibung haben, auch wenn die Leinen dabei länger sind. Eine andere Lösung wäre es, alle wichtigen Leinen, also Fallen, Reffleinen, Dirk und Niederholer in einem eher traditionellen Arrangement vorn am Mast zu bedienen. Der Nachteil dabei ist, dass man die Sicherheit verliert, im Cockpit zu arbeiten, doch andererseits reduziert sich der Reibungswiderstand und der damit verbundene physische Aufwand.


Sturm- und Schwerwettersegel
Die Garderobe fürs Grobe ist notwendig, um auch bei starkem Wind, bzw. wenn nötig, auch bei Sturm gegenan knüppeln zu können. Ein großes Reff, das die Vorliekslänge des Großsegels um mindestens 40 Prozent verkürzt ist das Minimum, wobei sich eine Investition in ein Trysegel lohnt, weil damit verhindert wird, dass das Groß bei schwerem Wetter Schaden nimmt.


Die Größe der Sturmfock sollte nicht mehr als 5 Prozent der quadrierten Höhe des Vorsegeldreiecks betragen, wobei die Länge des Vorlieks maximal 65 Prozent der Höhe des Vorsegeldreiecks haben sollte. Auf geringe Fläche verkleinerte Rollvorsegel haben meist nicht die nötige Form, um bei Starkwind effizient aufzukreuzen, weshalb eine Schwerwetterfock, die an einem separaten Stag weiter innenbords angeschlagen ist, eine sinnvolle Ergänzung der Segelgarderobe darstellt.


Wer auf Mittelmeertörn geht, darf sich nicht in falscher Sicherheit wiegen, denn auch dort kann man auf Starkwind von 40 Knoten oder mehr treffen, egal, ob es sich dabei um den Mistral im Golf von Lyon handelt, die Bora in der Adria, den Meltemi in der Ägäis oder um den Wind aus einem Tiefdruckgebiet am Anfang oder Ende der Segelsaison.


Leichtwetter und Vorwindsegel
Während es lebenswichtig ist, Stürme abwettern zu können, ist die Wahrscheinlichkeit dennoch größer, leichten Winde zu begegnen. Auf einem Raumschot- oder Vorwindkurs bei 5 bis 10 Knoten Wind macht ein Fahrtenspinnaker den Unterschied zwischen Dahindümpeln unter Genua oder Fock mit zwei, drei Knoten und einem Vorwärtskommen mit ruhigen aber respektablen vier, fünf oder gar sechs Knoten. Segeln ist ja nicht nur lustiger als das Jokeln unter Maschine, sondern es verringert auch die Treibstoffmenge, die man bunkern muss und wenn es flotter geht, wird man auch mit kürzeren Reisezeiten belohnt.


Weiter wertvolle Infos zu dem Thema gibt’s vom Ocean Cruising Club, der die Atlantic Rallye veranstaltet. Doch man sollte sich vor Augen halten, dass viele der Ratschläge für Boote gedacht sind, die ursprünglich für Blauwasserfahrten konzipiert wurden.

Geschrieben von: Rupert Holmes
Rupert Holmes has more than 70,000 miles of offshore cruising and racing experience, in waters ranging from the North Sea to the Southern Ocean and Cape Horn. He writes about all aspects of boat ownership and marine travel, including destinations, seamanship and maintenance, as well as undertaking regular new boat and gear tests. He currently sails around 5,000 miles per year and in the past couple of seasons has cruised from the UK to the Azores, as well as winning his class in the 2014 two-handed Round Britain and Ireland Race. He also owns two yachts, one based in the Mediterranean and the other in the UK.
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