Perfekt polieren: Hochglanz-Kur für Ihr Boot
Es ist die einfachste Form von Pimp my Boat: Das Polieren von mattem Gelcoat. Ob von Hand oder mit Maschine, wir verraten die besten Tricks
Eine neue Saison und ein frischer Look fürs heilige Boot passen doch gut zusammen. Im Gegensatz zu irgendwelchen "Drecksjobs", wie das Überholen des Motors oder der Austausch der Bootstoilette, ist ein funkelndes Äußeres erstens keine Hexerei und zweitens dazu angetan, den Stegnachbarn Bewunderung und vielleicht sogar neidische Blicke abzunötigen. Bevor Sie sich allerdings ins Abenteuer stürzen, gilt es ein paar prinzipielle Punkte zu beachten, damit am Schluss auch wirklich das gewünschte Ergebnis erzielt wird. Lesen Sie dazu auch unsere Ratgeber zum Frühjahrsputz und wie sie mit einem rundum sauberen Boot in die neue Saison starten.

Teamwork hilft beim fachgerechten Auftragen und Polieren von Gelcoat-Oberflächen. Foto: boats.com/Loibner
Die vier Schritte zu einem perfekten Oberflächenfinish:
- Waschen - nur wenn die Oberfläche auch wirklich sauber ist, lässt sie sich danach polieren und versiegeln.
- Schleifen - ist die Oberfläche schon alt und entsprechend matt oder abgenutzt, muss vor dem Polieren geschliffen werden. Dabei das Schleifmittel bzw. die Paste so fein wie möglich wählen, um das noch intakte Gelcoat zu schonen.
- Polieren - nach dem Auftragen der Politur warten, bis sich Schlieren zeigen, dann erst mit dem Polieren beginnen. Beim Arbeiten mit Poliermaschine ist darauf zu achten, dass der Aufsatz durch zu viel Druck oder zu hohe Rotationsgeschwindigkeit nicht zu viel Hitze entwickelt!
- Versiegeln - der polierte Rumpf muss am Schluss entweder mit UV-beständigen Wachs-oder Silikonprodukten geschützt werden. Dünn aufgetragen, laut Herstellerangaben aushärten lassen und erst dann zur abschließenden Politur übergehen.
Gelcoat ist die schützende Außenhaut von GFK-Laminaten, die ursprünglich etwa 1,5 dünn ist und durch Oxydation über die Jahre stumpf und matt wird. Besonders gefährdet sind dabei dunklere Farben, die von Umwelteinflüssen, wie dem UV-Licht der Sonne, Schmutz oder Salzwasser besonders in Mitleidenschaft gezogen werden. Dazu kommt noch Abnützung durch den Normalgebrauch, man denke dabei an. Das Schamfilen von Fendern an den Bordwänden, sorgen dafür, dass auch ein gut gepflegtes Boot eine imperfekte Kosmetik aufweisen. Betrachtet man solche Flächen durch ein Mikroskop, erscheinen sie alles andere als glatt. Buckeln und Vertiefungen durch ausgebrochene Stückchen vergrößern die Oberfläche und bieten Schmutz eine deutlich bessere Angriffsfläche. Zerkratzte Flächen sind auch denkbar schlecht für die Reflexion von Licht, womit die matte Erscheinung des Gelcoats entsteht.

Ein handelsübliches Produkt für die Gelcoatpolitur.
So viel wie möglich bewahren
Die erste Regel ist: So viel wie möglich von der existierenden Substanz erhalten. Und das fällt umso leichter, je neuer das Boot ist und je besser das Gelcoat noch in Schuss ist. Die kleinen Löcher lassen sich dann mit einer Politur oder mit Wachs auffüllen und glätten. Sieht gut aus und schützt das Boot vor schädlichen Umwelteinflüssen und weiterer Verschmutzung. Wer dies von Beginn an beherzigt, wird mit relativ wenig Aufwand lange viel Freude mit einer glatten und spiegelnden Außenhaut haben.
Gehen die Schäden tiefer als die 1,5 mm muss zu drastischeren Mitteln gegriffen werden, wie einer Schleifpaste, die die zwischen den Kratzern verbliebenen Erhöhungen abtragen, auf dass wieder Glanz entsteht. Wann es soweit ist, lassen sich erfahrene Eigner von einem prüfenden Blick sagen, andere müssen da vielleicht den Rat eines Fachmannes einholen. Es ist dies eine Art letzte Zuflucht, bevor man das Boot lackieren muss, eine ziemlich teure Angelegenheit, zumal man dafür Profis einstellen sollte oder müsste. Dabei gilt: Mit feinkörnigen Mitteln beginnen, um so wenig wie möglich abzutragen und erst dann auf Grobes umzusatteln, wenn sich der gewünschte Erfolg nicht einstellt.
Polieren mit den richtigen Produkten
Bevor's mit der Kosmetik ernst wird, steht die schnödeste Aufgabe von allen an: Putzen! Dabei geht es nicht nur um das Entfernen von Schmutz mit speziellen Reinigern (bitte biologisch abbaubare Produkte verwenden) , sondern auch von alten Polituren oder Wachs, um eine möglichst saubere Oberfläche zu schaffen. Danach gründlich mit Süßwasser spülen. Ist das Gelcoat noch intakt, kann nach dem Trockenen mit einer Politur ohne Schleifmittel zu Werke gegangen werden, um aus der vorhandenen Substanz das Maximum an Restglanz herauszuholen.

Werkzeug und Polituren für ein schöneres Äußeres. Foto: boats.com/Loibner
Stellen mit starkem Abrieb (unter den Fendern) werden allerdings eine Behandlung mit Schliff benötigen. Ebenso Stellen an Deck, die der Sonneneinstrahlung besonders stark ausgesetzt sind. Der erfahrene Gelcoat-Pfleger wird stets an einer schlecht einsehbaren Stelle ein Produkt auf seine Wirksamkeit testen, bevor damit größere und prominente Stellen bearbeitet werden. Wird mit Schleifpolitur gearbeitet, soll die Endversiegelung der Oberfläche mit UV-festen Teflon- oder Wachsprodukten vorgenommen werden. Bitte unbedingt darauf achten, dass keines dieser Mittel Silikon enthält, weil damit die Haftung von anderen Pflegeprodukten oder auch Lack dadurch stark vermindert wird.
Wetter checken!
Bei Kälte oder Regen macht Polieren ebenso wenig Sinn, wie bei glühender Hitze. Wer sich mit Profis unterhält, wird erfahren, dass sie abhängig von Temperatur und Luftfeuchtigkeit jeweils verschiedene Produkte einsetzen. Ebenso abzuraten ist vom Polieren in der prallen Sonne, weil auf einer warmen Oberfläche das Produkt zu schnell trocknet und die Verteilung damit behindert. Oft sieht man eifrige Eigner noch im Herbst nach dem Auswassern und Waschen des Bootes bei der Arbeit, wenn die Sonne nicht mehr so viel Kraft besitzt und es tagsüber dennoch relativ warm ist. Im Winterlager in einer Halle ginge es auch, doch abhängig von den Arbeiten, die auf den umliegenden Booten gerade durchgeführt werden, kann es dabei zu viel Staub geben. Steht das Boot im Freien, bildet die Versiegelung im Herbst einen guten Schutz gegen das Winterwetter, doch im Frühjahr sollte nochmals gewaschen und nachgearbeitet werden.

Ein handelsübliches Produkt für das polierte Oberflächenfinish
Mehr Komfort durch Kombination
Gute Ergebnisse beim Aufhübschen matter Gelcoat-Oberflächen brauchen zweierlei Zutaten: Geduld und Spucke. Oft sind mehrere Arbeitsschritte nötig, die den Prozess in die Länge ziehen, weshalb findige Hersteller Produkte anbieten, die gleich mehrere Schritte auf einmal erledigen, um so das Procedere zu vereinfachen und abzukürzen. Schleifen, Polieren und Versiegeln in einem Aufwaschen sozusagen. Das funktioniert, doch es ist und bleibt zwangsläufig ein Kompromiss. Kombipasten tragen die Oberfläche anfangs ab wie feines Schleifpapier, werden aber zum Poliermittel, sobald die Schleifpartikel aufgebraucht bzw. zermahlen sind. Klingt gut und funktioniert auch, doch wenn so ein Produkt auf einer Oberfläche zur Anwendung kommt, die eigentlich nur einer Versiegelung bedarf, etwa bei neueren Booten, besteht die Gefahr des unbeabsichtigten Zerkratzens. Deshalb sollten solche Produkte erst in Erwägung gezogen werden, wenn das Gelcoat so stark ausgebleicht bzw. abgenutzt ist, dass Schleifen als ein Teil der Therapie angezeigt ist.

Eine eigens für den Zweck konstruierte Poliermaschine arbeitet mit weit weniger Umdrehungen als eine Flex, um dem unbeabsichtigten Überhitzen der bearbeiteten Fläche vorzubeugen.
Muskel oder Motor?
Wer es eilig hat, der wird eher zu maschinellem Polieren tendieren, doch Vorsicht, das kann unerwünschte Folgen haben, wenn man mit einer einer Poliermaschine falsch umgeht. Und eine solche kostet auch entsprechend, weil sie kräftig sein und auch langsam, drehen sollte (1500 Umdrehungen pro Minute oder weniger), um ein Überhitzen der polierten Fläche zu vermeiden, das bei einer schnelldrehenden Flex (ca. 10.000 U/min) fast schon vorprogrammiert ist. Profis haben selbstverständlich teure Profi-Maschinen, weil sie diese jeden Tag für ihren Job brauchen, doch für Hobbyisten, die nur ein- oder zwei Mal pro Jahr am Gelcoat ihres Bootes Hand anlegen, zahlt sich so ein 500-Euro-Gerät in der Regel nicht aus. Macht nix, denn man kann sich vielleicht eines leihen oder man kehrt zu den Anfängen zurück und arbeitet von Hand, mit einem alten, aber sauberem Baumwoll-Shirt. Wem dies zu mühsam ist, kann auch einen speziellen Handteller mit ergonomisch geformtem Griff verwenden, bei dem sich der Polieraufsatz wechseln lässt. Das spart Kraft und verteilt den Druck besser als ein zusammengeballtes T-Shirt. Egal wie, beim manuellen Aufarbeiten von großen Rumpfflächen empfiehlt es sich, einen Gehilfen dabei zu haben, der bereits mit dem Polieren beginnt, während Sie noch das Produkt auftragen, weil das erstens schneller geht und weil zweitens damit verhindert wird, dass zwischen den beiden Arbeitsgängen zu viel Zeit verstreicht, während der das Produkt trocknet womit das Ergebnis hinterher vielleicht auch weniger perfekt aussieht.

Fachleute verwenden für die Kosmetik gern spezielle Poliermaschinen, die zwar schnell sind, aber auch ziemlich kostspielig. Foto: boats.com/Loibner
Reine Drucksache
Noch ein Wort zum Anpressdruck der Poliermaschine, der sorgfältig dosiert werden sollte, denn je mehr Druck, desto mehr Hitze. Und je mehr Hitze, desto beleidigter reagieren Schleif- oder Politurprodukt und die damit behandelte Oberfläche. Besondere Vorsicht ist bei Lammfellaufsätzen geboten, denn die werden gern für den letzten Arbeitsgang verwendet, mit dem das hochglänzende Finish hergestellt wird. Wer hier mit zu viel Druck bzw zu hohen Umdrehungen agiert, erhitzt die Oberfläche zu stark, womit die vorangegangenen Arbeitsschritte kompromittiert werden könnten und damit leider auch der so sehnlichst gewünschte Oberflächenglanz. Bewegen Sie also die Poliermaschine häufig kreisförmig und wechseln Sie den Polierkopf alle 15 bis 20 Minuten gegen einen sauberen aus. (In der Regel lassen sich die Überzüge nach Gebrauch waschen).
Fazit: Ein hübsch aufpoliertes Gelcoat-Kleid steht jedem Schiff und lässt sich mit vertretbarem Aufwand an Zeit und Geld in den meisten Fällen auch vom Laien verwirklichen. Voraussetzungen dafür sind die richtige Ausrüstung, die passenden Produkte und ein trockenes, sauberes Arbeitsumfeld, das weder zu heiß, noch zu kalt sein sollte.

Kreisförmige Bewegungen während des Poliervorgangs. Bild: Vripmaster
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