Es scheint, als wär’s es erst gestern gewesen. Die riesigen AC72-Katamarane mit Flügelriggs beim America’s Cup hielten die Welt in Atem, während sie mit mehr als 40 Knoten kreuz und quer über die San Francisco Bay zischten. Die Betonung liegt dabei auf über. Denn die Boote befanden sich fast durchgehend über dem Wasser, weil Schwerter und Ruder Auftrieb erzeugten, die die Rümpfe dieser mehr als 20 Meter langen Kats aus dem Wasser hoben. Es war ein gehöriges Spektakel, das diese mehr als 10 Millionen Dollar teuren Segelmaschinen vor laufenden Kameras abzogen.

Lokalaugenschein: Philippe Presti, der Coach von Oracle Team USA, testete das Flying Phantom

Lokalaugenschein: Philippe Presti (am Ruder), der Coach von Oracle Team USA, testete das Flying Phantom in der Normandie



Kein Wunder also, dass sich das Foilen, das die kleinen Moth-Dingis schon seit Jahren beherrschen, sich mit einem Schlag und über Nacht von einer Avant-Garde-Kunst zum Must-Have-Feature entwickelte. Während Versuche mit einem Laser eher amüsant anmuteten, kommt aus Frankreich das Flying Phantom, dem man auf den ersten Blick seine Verwandtschaft mit den riesigen AC72-Kats ansieht.

Dabei ist dieser Strandkat nur 5,5 Meter lang und wiegt gerade mal 155 kg. Bei der Entwicklung arbeite u.a. auch der französische Großmeister des Multihullsegelns Franck Cammas mit. Wir haben das Boot  nach seiner Weltpremiere auf der Messe in Düsseldorf kurz vorgestellt.


Das Phantom hat zwar kein Flügelrigg, doch mit seinen J-förmig gebogenen Schwertern und T-förmigen Ruderblättern hebt es sich genau so aus dem Wasser wie seine größeren Vettern vom America’s Cup. Gleiche Idee, gleiches Prinzip, aber ungleich weniger Geld. Mit ca. 28,000 Euro ist der kleine Kat nicht eben billig, aber zumindest irgend in Sicht- und Reichweite für Otto Normalverbraucher.

Foilen für Joe Six-Pack also? Absolut, glaubt man Nicolas Felix von der Werft Phantom International, die auch Formel-18 Kats baut. „Wir hatten schon einige Testrunden mit Journalisten, Wochenendseglern und solchen, die noch nie Strandkats gesegelt sind, und alle schafften es, das Flying Phantom …in kurzer Zeit zum Fliegen zu bringen”, erzählte er boats.com.

Die Franzosen verstehen ihren Job. Nicht nur bei Design und Bau, sondern auch beim Marketing. Doch dabei fällt auf, dass das Flying Phantom hauptsächlich bei flachem Wasser in Ufernähe gezeigt wird. Was aber passiert, wenn es mal richtig bläst und ein bisschen Welle steht? Können Freizeitsegler mit dem Flying Phantom dann auch noch foilen oder müssen sie eine Lebensversicherung abschließen? Die Empirie wird es weisen. Doch was passiert wenn ein Phantom foilt und die Konkurrenz nicht, zeigen diese Bilder von der Raid du Goëlo in Saint Quay Portrieux.

http://vimeo.com/89758333

Jedenfalls schickte America’s Cup-Verteidiger Oracle Team USA seinen Coach Philippe Presti nach Frankreich, um das Flying Phantom zu testen.  „Wie man gesehen hat sind wir (beim Cup) sowohl auf der Kreuz als auch vor dem Wind auf den Foils gesegelt”, sagte Presti. „Jetzt wollen wir sehen, wie das Foilen im kleinen Maßstab funktioniert, denn wir glauben, es wäre nützlich für das Design unseres nächsten Bootes.” Der ehemalige Finnsegler strahlte dabei übers ganze Gesicht: „Foilen ist ausgesprochen aufregend”.

Und bald, so kann man sich denken, wird diese aufregende Art des Segelns, zumindet auf windigen Revieren zum Alltag gehören.